Was sind koronare Herzerkrankungen?
Unter koronaren Herzerkrankungen (KHK) versteht man Erkrankungen der Herzkranzgefäße (Koronarien). Dabei kommt es in der Regel durch Arteriosklerose zu Ablagerungen in den Gefäßwänden, die zu Engstellen (Stenosen) und Verschlüssen der Koronararterien führen können. Ein akuter Gefäßverschluss führt dabei zu einem Herzinfarkt.

Diagnostik und TherapieHerzkatheteruntersuchung
Durch eine Herzkatheteruntersuchung werden Erkrankungen des Herzmuskels, der Koronararterien, der Herzklappen oder auch angeborene bzw. erworbene Herzfehler und bestimmte Erkrankungen der Lunge diagnostiziert. Die Herzkatheteruntersuchung ist eine invasive Untersuchung, die dann zum Einsatz kommt, wenn aufgrund der Ergebnisse nicht-invasiver Untersuchungsverfahren (EKG, Echokardiographie, Belastungstest, CT) das Vorliegen einer relevanten Erkrankung und eine therapeutische Konsequenz zu erwarten sind. Häufig kann nach genauer Diagnosestellung unmittelbar im Anschluss an die Herzkatheteruntersuchung die gezielte Behandlung, z.B. durch Implantation von Stents in die Herzkranzgefäße, durchgeführt werden.
Bei der Linksherzkatheter-Untersuchung wird in örtlicher Betäubung durch die Haut eine Arterie in der Leiste oder am Handgelenk punktiert und ein Herzkatheter (1,5 mm dünner Plastikschlauch) über die Hauptschlagader (Aorta) zum Herzen geführt. Nach Kontrastmittelgabe werden mittels moderner Röntgentechnik die Herzkranzgefäße dargestellt und auf mögliche Verengungen untersucht, dieses Verfahren nennt man Koronarangiographie. Außerdem können die Blutdruckwerte in der linken Herzkammer und Aorta gemessen und mittels Kontrastmittel die Pumpfunktion des Herzmuskels beurteilt werden.
Bei der Rechtsherzkatheter-Untersuchung werden über eine Vene das rechte Herz sowie die Lungenschlagader (Pulmonalarterie) sondiert und auch hier die Blutdruckwerte an verschiedenen Stellen des rechten Herzens und Lungenkreislaufs gemessen. Dies gibt Aufschluss über Erkrankungen des Lungenkreislaufs und bei Herzklappenfehlern. Zur Beurteilung angeborener Herzfehler erfolgt außerdem eine Bestimmung der Sauerstoffsättigung an diversen Stellen des Herzens, deren Analyse viel über Art, Ort und Schweregrad des Vitiums verrät.
Im Herz- und Gefäßzentrum der Segeberger Kliniken führen wir jährlich ca. 5000 diagnostische Herzkatheteruntersuchungen und ca. 2000 Koronarinterventionen durch.
Intrakoronare Bildgebung
Die Koronarangiographie mittels Röntgendurchleuchtung und Kontrastmittel ermöglicht Aussagen über das Gefäßlumen, d.h. den Raum innerhalb der Gefäßwände, und zeigt Verengungen. In vielen Fällen ist dies ausreichend zur Beurteilung von Stenosen und zur Entscheidung, ob eine Behandlung der Stenosen notwendig ist. Manchmal aber braucht es mehr Informationen: Die intrakoronare Bildgebung erlaubt eine genauere Beurteilung des Lumens und dient der Darstellung der Gefäßwand. Sie gibt detaillierte Informationen über die Ausdehnung und Zusammensetzung von Ablagerungen in der Gefäßwand, sog. Plaques, über mögliche mikroskopisch kleine Einrisse der Gefäßinnenschicht oder Gerinnsel. Damit ist die intrakoronare Bildgebung eine wertvolle Ergänzung der Koronarangiographie, die in komplexen Situationen die Therapie steuern kann.
Zwei verschiedene Methoden stehen uns im Herz- und Gefäßzentrum dazu zur Verfügung: ein Ultraschallverfahren (IVUS, intravaskulärer Ultraschall) und die optische Kohärenztomographie (OCT), die auf Infrarotlicht basiert.
Beide Methoden zeichnen sich durch eine sehr hohe räumliche Auflösung aus, die ungefähr zehnmal höher ist als bei der konventionellen Koronarangiographie. Dadurch können nicht nur Gefäßgröße und die Ausdehnung einer Stenose sehr exakt bestimmt werden. Die Analyse der Plaquemorphologie, z.B. auf das Vorhandensein und Ausmaß von Verkalkungen, erlaubt es auch, die Behandlung der Stenose zu planen und die richtige Technik auszuwählen. Anschließend dient die intrakoronare Bildgebung der Kontrolle des Interventionsergebnisses, indem die korrekte Stentposition und -entfaltung dargestellt wird.
Druckdrahtmessung
In einigen Fällen ergibt die Koronarangiographie kein eindeutiges Bild über die Behandlungsbedürftigkeit von Koronarstenosen, denn Ausmaß der Verengung und funktionelle Relevanz einer Stenose stimmen nur bedingt überein. Hier kommt die intrakoronare Druckmessung zur Anwendung. Dabei wird ein feiner Draht mit einem Drucksensor in das betroffene Herzkranzgefäß eingeführt und der Druckabfall hinter den Engstellen des Koronargefäßes gemessen. Aus den Messwerten lässt sich schließen, welche Stenosen tatsächlich zu Durchblutungsstörungen des Herzmuskels führen, damit der Patient von deren Behandlung auch wirklich profitiert.
Therapie
Die interventionelle Behandlung von Koronarstenosen besteht in der Aufdehnung (Dilatation) der Engstelle mittels eines speziellen Ballons, in aller Regel gefolgt von einer Stentimplantation. Ein Stent ist eine Gefäßstütze, die aus einem sehr dünnen Metallgitter besteht. Der Stent bewirkt, dass sich das Gefäß nach der Dilatation nicht wieder zusammenzieht und deckt die für die Stenosen ursächlichen Gefäßwandveränderungen ab. Hierdurch kann das Blut wieder normal durch die Koronararterie fließen. Klassische Metallstents verbleiben permanent im Körper und werden im Verlauf von der körpereigenen Gefäßwandinnenschicht überzogen.
Im Herz- und Gefäßzentrum der Segeberger Kliniken verwenden wir ausschließlich moderne medikamentenbeschichtete Stents, die eine schnelle Einheilung und sehr geringe Raten erneuter Stenosen im behandelten Gefäß gewährleisten. In ausgewählten Situationen können wir den Patienten (meist im Rahmen von Studien) auch bioresorbierbare Stents anbieten, die sich nach Monaten selbst auflösen und kein permanentes Implantat hinterlassen.
Ein besonderer Schwerpunkt unserer Arbeit im Herzkatheterlabor ist die Behandlung sehr komplexer und stark verkalkter Koronarstenosen, sowie schwer kranker Patienten, denen trotz sehr ausgedehnter Veränderungen der Herzkranzgefäße eine Bypassoperation nicht zugemutet werden kann.
Die Rotablation ist ein Verfahren zur Behandlung sehr stark verkalkter Koronarstenosen. Dabei wird die Stenose zunächst mit einem Bohrer vorbehandelt. Ein mit sehr feinen Diamantsplittern besetzter kleiner Bohrkopf, der sich mit bis zu 200.000 Umdrehungen/Min. dreht, trägt feinste Kalk- und Plaquepartikel (in Erythrozytengröße) ab, die mit dem Blutfluss weggeschwemmt und abgebaut werden. Anschließend kann die Stenose mit Hochdruckballons dilatiert und mit Stents abschließend behandelt werden.
Ein neueres Verfahren zur Behandlung stark verkalkter Stenosen ist die koronare Lithotripsie, bei der die Kalkplaque mittels Ultraschallwellen vorbehandelt wird, bevor eine Ballondilatation und Stentimplantation zum Einsatz kommen.
In bestimmten Situationen, wie verkalkten Stenosen oder wiederkehrenden Engstellen innerhalb eines Stents, können weitere Spezialballons eingesetzt werden: Sogenannte „Cutting-Ballons“ oder „Scoring-Ballons“ sind mit kleinen Messerchen besetzt, die die Gefäßablagerungen einschneiden und somit die Aufdehnung und Stentimplantation erleichtern bzw. erst ermöglichen. Ist es in einem bereits im Koronargefäß implantierten Stent zu einer neuerlichen Stenose gekommen, können nach der Aufdehnung der Engstelle spezielle Medikamenten-beschichtete Ballons (Drug-eluting Ballons, DEB) zum Einsatz kommen. Diese geben ein Medikament in die Gefäßwand ab, das eine wachstumshemmende Wirkung hat und die erneute Stenosebildung verhindern kann. Durch Verwendung von DEB kann häufig auf eine weitere Stentimplantation verzichtet werden.
Eine besondere Herausforderung für die interventionelle Behandlung von Koronarien stellen chronische Verschlüsse der Herzkranzgefäße (CTO, chronic total occlusion) dar. Im Herz- und Gefäßzentrum der Segeberger Kliniken verfügen wir über große Erfahrung in der Rekanalisation solch chronischer Gefäßverschlüsse. Ein großes Repertoire an antegraden und retrograden Techniken über Kollateralen verhilft uns zu hohen Erfolgsraten von ca. 90% bei der Wiedereröffnung. In aller Regel kann dadurch eine chirurgische Behandlung der Verschlüsse mittels Bypässen vermieden werden.
Bei sehr komplexen Prozeduren oder instabilen Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz kommen Herzunterstützungssysteme zum Einsatz (ImpellaTM, seltener die intraaortale Ballonpumpe IABP). Beide Systeme werden über die Leiste eingebracht und unterstützen die Herzleistung während der Katheterintervention und bei instabilen Patienten auch noch nach dem Eingriff.
Leistungsspektrum
- Koronarangiographie
- Linksherzkatheter mit Ventrikulographie
- Rechtsherzkatheter
- OCT (Optische Kohärenztomographie)
- IVUS (Intravaskulärer Ultraschall)
- Invasive Druckdrahtmessung
- PCI (perkutane Koronarintervention) mit Ballondilatation und Stentimplantation
- Wiedereröffnung chronisch verschlossener Gefäße (CTO, chronic total occlusion)
- Verfahren zur Behandlung stark verkalkter Koronarstenosen (Rotablation, Lithotripsie)
- ImpellaTM
- IABP
Damit Sie wissen, mit wem Sie es während Ihres Aufenthalts bei uns zu tun haben, stellen wir Ihnen unsere Ärzte gerne vor.